Warum Schattenarbeit ...die Bewusstwerdung der eigenen unerwünschten Tendenzen so wichtig ist?
Aktualisiert: 21. Apr.
Warum Schattenarbeit...die Bewusstwerdung der eigenen unerwünschten Tendenzen, Triebe und Facetten für ein erfülltes Leben so wichtig ist?
Wir alle haben Anteile in uns, die wir selbst an uns sehr mögen. Zeigen sie und sehen sie auch bei anderen gern.
Diese Anteile erkennen wir als unser Selbst an.
Daneben hat auch jeder von uns Tendenzen in sich, deren Existenz wir versuchen zu leugnen. Tendenzen und Anteile wie Wut, Geltungsbedürfnis, Mut, Aggression, Energie, erotische Tendenzen, Feindseligkeit usw.
Leugnen wir diese, ziehen wir eine Grenze durch unser Selbst. Es entsteht ein verarmtes, kleineres, ja zerteiltes Selbstbild.
Das Selbst und das „Nicht-Selbst“ – unser Schatten.
Aus dieser Grenze entsteht Widerstand, den wir in so vielen Situationen unseres Lebens irgendwie spüren – ihn jedoch nicht verorten zu mögen, im Trubel des Alltags.
Die Schattentendenzen und Neigungen können ein an sich unwesentlicher Aspekt unserer Gesamtpersönlichkeit sein, aber wenn wir uns dieser nicht bewusst sind/werden, pflegen wir sie auf jeden zu projizieren, der uns begegnet.
Wie, an welchem Verhalten, zeigen sich unsere Schatten?
Hier ein paar Beispiele:
Wir tun immer wieder bestimmte Dinge ohne Absicht, so als stünden sie nicht unter unserer Kontrolle.
Die Erklärung nach der
Schattentheorie ist, dass ein Schatten das Ruder übernommen hat.
Wir reagieren sehr heftig oder sogar irrational auf manche Menschen.
Die Erklärung nach der Schattentheorie ist, weil sie Eigenschaften
repräsentieren, die wir in uns zu unterdrücken versuchen.
Wir machen andere zu Stars oder Idolen.
Die Erklärung nach der
Schattentheorie ist, weil sie die Eigenschaften repräsentieren, denen
wir aus falscher Bescheidenheit abgeschworen haben.
Wenn wir das tun…ein Gefühl oder eine Eigenschaft als Schatten projizieren, nehmen wir sie immer noch wahr, aber nun auf verzerrte und trügerische Weise – sie erscheinen als „Objekte im Außen“.
Wir fühlen den Schatten auch immer noch – verzerrt und verkleidet: als Symptom.
👉 Der Schatten wird zum Symptom.
👉 Dieses bleibt nun als schmerzliche Mahnung daran, dass wir uns einer Facette unserer Selbst nicht bewusst sind. Nun bekämpfen wir das Symptom, wie wir zuvor unseren Schatten bekämpft und mit Widerstand belegt haben.
Häufig sind wir nun geneigt zu versuchen unsere Symptome (Minderwertigkeitsgefühle, Depression, Zittern, Angst usw.) vor anderen zu verbergen. Ebenso wie wir zuvor versucht haben unseren Schatten vor uns selbst zu verbergen.
Jedes Symptom - eine Depression, Angst, Furcht oder auch Langeweile - enthält irgendeine Facette des Schattens, eine projizierte Emotion oder eine Eigenschaft.
Wir dürfen verstehen, dass unsere Symptome, so unangenehm sie sein mögen, nicht mit Widerstand belegt oder vermieden werden dürfen, denn sie enthalten den Schlüssel zu ihrer eigenen Auflösung.
Die Schattenarbeit bietet einen Raum, in dem wir die Schatten vorsichtig,
sicher und nach unserer freien Entscheidung aus dem Unterbewusstsein holen.
Im Prozess erzeugen wir einen geschützte Entwicklungsräume in denen wir frei experimentieren können ohne im Alltagsleben Konsequenzen fürchten zu müssen.
Die Schattenarbeit ist ein Prozess, in dem man sich alle „verlorenen“
Anteile wieder bewusst macht. Schatten zu integrieren macht uns wieder
vollständiger, kreativer und freier. Oft und nachhaltig erfolgreich passiert das auch in begleiteten Einzelcoachings.
Da dieser Blog Ihnen vor allem Tools aus dem Selbstcoaching vermitteln sollen, mit denen Du in Eigenarbeit und Autonomie an und mit Dir selber arbeiten kannst, zeige ich Dir nachfolgend den 3-2-1 Prozess des Philosophen Ken Wilber.
Sie finden diesen und mehr in seinem Buch „Intergrale Lebenspraxis“.
Du bist auf der Suche nach wirksamen Selbsthilfe-Tools? Hier findest Du sie:
Hier bekommst Du nun eine Übersicht und Rückübersetzung verschiedener Schattensymptome und darunter eine Anleitung zur 3-2-1 Praxis nach Ken Wilber:
Die allgemeine Bedeutung verschiedener Schattensymptome
Ein kleines Wörterbuch für die Rückübersetzung von Symptomen in Ihre ursprüngliche Form.
(Nach Ken Wilber: Wege zum Selbst)
Das Symptom, rückübersetzt in: | Seine ursprüngliche Schatten-Form: |
Druck | Antrieb, Eifer, Verlangen |
Ablehnung (»niemand mag mich«)» | »Ich würde sie nicht mal grüßen!« |
Schuldgefühle (»Du machst mir Schuldgefühle«) | »Ich bin wütend wegen deiner Forderungen« |
Angst | Erregung |
Verlegenheit (»Alle sehen mich an«) | »Ich habe mehr Interesse an Leuten, als ich weiß« |
Impotenz / Frigidität | »Ich gönne ihm/ihr die Befriedigung nicht«. |
Furcht (»Sie wollen mir was tun«) | Feindseligkeit (»Ich bin wütend und aggressiv, ohne es zu wissen«) |
Traurigkeit | Wut! |
Rückzug | »Ich stoße alle weg!« |
»Ich kann nicht!« | »Ich will nicht, verdammt noch mal!« |
Verpflichtung (»Ich muss«) | Verlangen (»Ich möchte gern«) |
Hass (»Ich verabscheue dich wegen... «) | Autobiographisches Geschwätz (»Ich kann mich selber wegen ... nicht leiden«) |
Neid (»Du bist so großartig«) | »Ich bin ein bisschen besser, als ich selber weiß« |
D e r P r o z e s s n a c h K e n W i l b e r
1. Wählen Sie eine Schwierigkeit, die sich in Ihrem Leben zeigt:
Eine „schwierige Person“, die Sie anzieht oder abstößt wie z.B. einen romantischen Partner, den Chef, einen Elternteil
eine Figur aus einem Traum
eine Körperempfindung, die Unruhe in Ihnen erzeugt oder erzeugte.
2. Denken Sie daran, dass es sich dabei sowohl um eine positive als
auch um eine negative Unruhe handeln kann.
3. Folgen Sie jetzt den drei Schritten, die weiter unten beschrieben
sind. Für die kurze Version investieren Sie etwa 5 Minuten für jede
der drei Perspektiven.
Für die lange Version 10-15 Minuten oder länger – je nach Schwierigkeitsgrad.
4. Sie gehen am besten laut sprechend durch diesen Prozess. Das
können Sie alleine oder mit Begleitung tun. Sie können sich Ihre
Antworten aber auch aufschreiben. Machen Sie das, was für Sie
im Moment am besten geht.
5. Wenn Sie zu sich selbst oder der Begleitung sprechen, dann
stellen Sie sich die Person oder die Sache vor, die Sie beschäftigt,
wie sie Ihnen gegenübersitzt.
Die 3 Schritte im 3-2-1 Prozess
3. Person „SCHAU ES AN!“ - Schritt 1 – verstehen lernen
Beschreiben Sie die Person, das Bild oder die Wahrnehmung detailliert
und lebendig unter Verwendung von Pronomen der dritten Person, z.B.
er, sein; sie, ihr (Singular oder Plural), es. Dies ist eine Gelegenheit, Ihre
Erfahrung, die Sie ärgert, gründlich zu erforschen. Nehmen Sie das, was
Sie stört ernst; spielen Sie es nicht herunter.
Nutzen Sie die Gelegenheit, diese Erfahrung so vollständig und intensiv wie nur möglich zu beschreiben. Stellen Sie sich dazu vor, Sie seien so spontan und
energievoll wie ein Kind im Alter von fünf Jahren, das noch nicht durch
die Mangel der sozialen Normen gewrungen wurde. Rationalisieren Sie
nicht!
2. Person „SPRICH MIT IHM“ - Schritt 2 - Auseinandersetzung
Treten Sie in einen Dialog mit diesem „störenden“ Objekt oder Subjekt,
indem Sie Pronomen der zweiten Person verwenden (du, ihr). Das ist die
Gelegenheit, bei der Sie mit der Störung in eine Beziehung treten und
direkt mit der Person, dem inneren Bild oder der Wahrnehmung
sprechen. Sagen Sie ihm/ihr Ihre Vorwürfe, Vorbehalte, den Ärger, die
Frustration direkt ins Gesicht.
Bei diffusen Störungen, wo Sie Objekt oder Subjekt nicht benennen
können, stellen Sie zuerst Fragen zum besseren Verstehen wie:
„Wer/was bist du? Wo kommst du her? Was möchtest du von mir? Was
möchtest du mir sagen? Was für Geschenke hältst du für mich bereit?“
Nachdem Sie alles gesagt haben und gehört wurden, wechseln Sie den
Platz und setzen Sie sich auf den Stuhl des Gegenübers (der Person,
der Sache, dem Problem, das Sie beschäftigt). Sprechen Sie dann aus
dieser Perspektive und legen Sie „seine/ihre“ Position und Sicht der
Dinge dar. Machen Sie das so intensiv wie möglich und tun Sie dabei so,
wie wenn Sie diese andere Person/Sache etc. wären. Wechseln Sie
auch die Stimmlage.
Führen Sie den Dialog so lange, bis Sie zufrieden sind und wissen. Jetzt
sind beide Seiten gehört und verstanden, auch wenn vielleicht die
Lösung noch nicht klar ist.
Diese Phase dauert meist am längsten. Hier kann ein Begleiter nützlich
sein, der außerhalb des Prozesses sitzt und darauf achtet, dass Sie in
der entsprechenden Perspektive des Selbst oder des Anderen bleiben.
Wenn alles gesagt scheint, kann der Begleiter den letzten Satz, der
gesagt wurde, eindrücklich wiederholen, darf jedoch sonst keine
Bemerkungen, Analysen, Kichern etc. dazu machen.
1. Person - SEI ES! – Schritt 3 - Integration
Jetzt werden Sie als Person zu dieser Person/diesem Objekt oder
Subjekt, das Sie beschäftigt hat. Sie sprechen oder schreiben also aus
der Sicht dieser Person, diesem Bild oder dieser Wahrnehmung, die Sie
erkundet haben. Verwenden Sie dabei die Pronomen der ersten Person
(ich, mir, mein). Sehen Sie die Welt - einschließlich Ihrer selbst -
vollständig aus der Sicht dieser „Störung“. Geben Sie sich die Erlaubnis,
nicht nur die Gemeinsamkeiten von sich selbst und der „Störung“ zu
entdecken, sondern auch die Identität, das ein - und - dasselbe Sein.
Schließen Sie diese Phase mit einer Aussage der Identifikation ab: „Ich
bin_________“ oder „________ist meins“.
Integrieren Sie diese Perspektive in ein größeres DU und fühlen Sie es
als einen Teil Ihres Seins. Dazu können Sie sich vorstellen, dass Sie
diesen Teil wie eine leuchtende Kugel in Ihre beiden Hände legen, es
anschauen und dann zu Ihrem Herzen führen mit den Worten: „Du bist
ein Teil von mir, den ich lange verleugnet oder abgewiesen habe. Jetzt
nehme ich dich an und zu mir und heiße dich in meinem Leben
willkommen. Denn du machst mich ganzer und vollständiger.“
Tipp:
Wenn Sie eine Person durch diesen Prozess begleiten oder wenn Sie
begleitet werden, wird das Gesagte in denselben Worten wiederholt.
Dieses Wiederholen nennt man Doubling. Das ist ein Verstärker des
Prozesses und seiner Wirkung, da die Person so tiefer in den Prozess
eintauchen kann.